10 Irrtümer zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen

von Svenja Gimbel

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist ein wichtiger Bestandteil des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Es gibt jedoch einige verbreitete Irrtümer und Missverständnisse, die im Zusammenhang mit diesem Prozess auftreten können. Hier sind einige davon:

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (GB Psych) ist nur für große Unternehmen wichtig?

Tatsächlich sind Unternehmen jeder Größe gesetzlich dazu verpflichtet, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu beurteilen. Die Anforderungen können je nach Land variieren, aber in vielen Ländern gilt dies für Unternehmen unabhängig von ihrer Größe: die gesetzlichen Grundlagen im Überblick.

Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung betrifft nur Organisationen, in denen es besondere psychische Gefahren gibt? 

Es ist wichtig zu verstehen, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz nicht nur auf spezifische Gefahren oder Stressoren zurückzuführen sind, sondern auch auf die Art und Weise, wie die Arbeit organisiert ist, wie die Führungskultur aussieht und wie Beziehungen am Arbeitsplatz gestaltet sind. Daher betrifft die Verpflichtung zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen alle Organisationen/Unternehmen/Einrichtungen und Branchen, unabhängig von spezifischen, offensichtlichen Gefahren.

Es reicht aus, die physischen Gefährdungen seiner Mitarbeitenden zu berücksichtigen?

Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber zum Schutz seiner Beschäftigten vor Gefährdungen physischer wie auch psychischer Natur. Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist genauso wichtig wie die Bewertung physischer Gefährdungen. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).  Im Gesetzestext findet man die Forderung nach „menschengerechten Gestaltung der Arbeit“, wobei Arbeit beeinträchtigungsfrei und persönlichkeitsförderlich zu gestalten ist. Dem enormen Anstieg psychisch bedingter Arbeitsausfälle begegnet der Gesetzgeber seit dem 01.01.2014 mit der Novellierung des ArbSchG: Hier ergänzt er im §5 Abs. 3 den zu schützenden Bereich um die „psychischen Belastungen bei der Arbeit“.

Die GB Psych fokussiert sich ausschließlich auf psychischen Stress am Arbeitsplatz?

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen  deckt verschiedene Themenbereiche ab, um ein umfassendes Bild der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz zu erhalten. Die GDA Leitlinien zur gesetzeskonformen Durchführung der PGBU empfehlen die Themen Arbeitsanforderungen und -belastung, Arbeitsorganisation, Führung und Management, Arbeitsinhalt aber zB. auch die Erfassung von sozialen Beziehungen (vgl. GDA-Arbeitsprogramm Psyche, 2017).

Die psychische Gefährdungsbeurteilung muss nur einmal durchgeführt werden?

Die Arbeitsbedingungen und Anforderungen können sich im Laufe der Zeit ändern. Die psychische Gefährdungsbeurteilung besteht außerdem nicht nur aus der Ermittlung psychischer Belastungen (z. B. durch eine Mitarbeiterbefragung). Vielmehr handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess, der innerhalb der Organisation implementiert werden sollte. Der Arbeitgeber muss, die sich verändernden Arbeitsbedingungen regelmäßig im Blick haben. Die psychische Gefährdungsbeurteilung sollte immer aktuell sein, da sie die Grundlage für die erforderlichen Schutzmaßnahmen darstellt. Diese muss der Arbeitgeber regelmäßig überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Nur der Arbeitgeber ist für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen verantwortlich?

In Deutschland ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchzuführen und Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu ergreifen. Der Arbeitgeber trägt die Hauptverantwortung für die Sicherheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Grundsätzlich liegt die Verantwortung aber auch die Akzeptanz des Vorhabens jedoch oft bei verschiedenen Akteuren im Unternehmen.

Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der GB Psych. Sie sollten die Bewertung aktiv unterstützen, den Dialog mit den Mitarbeitern fördern und Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen einleiten.

In Unternehmen, in denen ein Betriebsrat oder eine Mitarbeitervertretung existiert, sollten diese Gremien in den Prozess einbezogen werden. Sie können als Vermittler zwischen der Belegschaft und dem Arbeitgeber agieren und die Interessen der Mitarbeiter vertreten.

Die Mitarbeiter sind ebenfalls wichtige Akteure, da sie oft über wertvolle Einblicke in ihre eigenen Arbeitsbedingungen verfügen.

Psychische Belastungen sind subjektiv und lassen sich gar nicht mit einem Fragebogen messen?

Die Messung psychischer Belastungen ist tatsächlich eine komplexe Herausforderung, da sie oft subjektiv erlebt werden und von Person zu Person unterschiedlich sein können. Im Gegensatz zu Lärm oder Staub sind psychische Belastungen nicht per Messgerät erfassbar. Sie lassen sich jedoch mit geeigneten Indikatoren in Befragungen messbar machen und in ihrer Wirkung skalieren (z. B. Quantität/Stärke der Belastung). Hierzu können verschiedene wissenschaftlich valide Messinstrumente/Fragebögen genutzt werden, die testtheoretisch geprüft sindz.B. unser Psy50 Fragebogen https://healthvision.de/psy50-analyseinstrument/

Bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung wird das psychische Befinden der einzelnen Beschäftigten ermittelt?

Grundsätzlich gilt: Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung dient der Prävention und nicht der Beurteilung von Beschäftigten oder deren Gesundheit! Es geht darum, Belastungsfaktoren bei der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsorganisation, der Arbeitsplatzumgebung oder bei den sozialen Rahmenbedingungen aufzuspüren und Verbesserungen durch geeignete Maßnahmen herbeizuführen. Ein häufiger Irrtum besteht in der Annahme, dass bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung das individuelle psychische Befinden einzelner Mitarbeiter*innen ermittelt würde. Tatsächlich geht es jedoch um die objektive Erfassung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten bzw. auf Abteilungsebene.

Die PGBU kann von einem Betriebsarzt durchgeführt werden?

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen erfordert oft eine interdisziplinäre Herangehensweise und kann nicht allein vom Betriebsarzt durchgeführt werden. Es ist üblich, dass verschiedene Akteure im Unternehmen, einschließlich Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Mitarbeitervertretungen, an der Durchführung beteiligt sind. Der Betriebsarzt kann jedoch einen wichtigen Beitrag zur Erfassung von Gesundheitsrisiken und zur Entwicklung von präventiven Maßnahmen leisten.

Eine geringe Beteiligungsquote an einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung deutet darauf hin, dass keine psychischen Belastungen für die Beschäftigten bestehen?

Eine geringe Beteiligungsquote an einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen könnte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, die nicht unbedingt bedeuten, dass keine psychischen Belastungen für die Beschäftigten vorhanden sind. Hier sind einige mögliche Gründe für eine niedrige Beteiligungsquote:

  1. Mangelnde Sensibilisierung für die Bedeutung ihrer Beteiligung für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen
  2. Angst vor Konsequenzen
  3. Mangel an Vertrauen zwischen Mitarbeitern und der Unternehmensführung
  4. Mangelnde Kommunikation: Die Informationen über die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen und die Möglichkeiten zur Teilnahme werden möglicherweise nicht ausreichend kommuniziert.
  5. Unklare Vorteile: Mitarbeiter könnten die Vorteile einer Teilnahme an der Beurteilung möglicherweise nicht verstehen, wenn nicht klar ist, wie die Ergebnisse genutzt werden und welche Maßnahmen ergriffen werden.

Es ist wichtig, die Ursachen für die geringe Beteiligungsquote zu analysieren, um sicherzustellen, dass die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen aussagekräftige und repräsentative Ergebnisse liefert.

Erkennen Sie die Irrtümer und gestalten Sie eine umfassende, proaktive Herangehensweise für eine bessere Arbeitsumgebung. Mit sorgfältiger Planung, angemessenen Ressourcen und einer partizipativen Herangehensweise kann die GB-Psyche erfolgreich umgesetzt werden.

Bereit für positive Veränderungen? Gemeinsam fördern wir die psychische Gesundheit in Ihrem Unternehmen.

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