von Svenja Gimbel

Um einen Überblick über die vorhandenen psychischen Belastungsfaktoren einer Arbeit zu erhalten, besteht der erste Schritt in einer Arbeits- bzw. Belastungsanalyse. Die dabei ermittelten Belastungsfaktoren müssen dann hinsichtlich ihres Gefährdungspotenzials beurteilt werden. Die psychische Belastung wird wertneutral verstanden und kann eine gesundheitsbeeinträchtigende und eine gesundheitsförderliche Wirkung haben; diese Belastung muss also nicht bei jedem einzelnen Individuum Stress auslösen. Vielmehr werden Belastungen als Bedingungen gesehen, die die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Stressreaktionen erhöhen. Für die Entstehung stressassoziierter Erkrankungen wird angenommen, dass das Risiko einer solchen Erkrankung mit dem Vorhandensein der Belastung erhöht ist (zB. Niedhammer et al. 2021; Rau und Buyken 2015; Seiler & Jansing 2014). Alle Formen von (arbeitsbezogener) Belastung  können zu Beeinträchtigungen der Leistungsvoraussetzungen sowie bei längerer Exposition zu Fehlbeanspruchungsfolgen und zeigen also mögliche Gefährdungen für die Gesundheit an (z.B fehlende Kooperationsmöglichkeiten, fehlende Rückmeldungen, fehlende inhaltliche Freiheitsgrade) (Mazmanian et al. 2013; Schweden 2018).

Die Risikobewertung: Ab wann sind Belastungen gefährlich?

Belastungsfaktoren sollten hinsichtlich des Grades ihres Auftretens (Umfang/Häufigkeit) auf Likert-Skalen bewertet und die ermittelten Testwerte mittels skalenorientierter Lageparameter oder berufs-/branchenbezogener Mittelwerte (Benchmark) interpretiert werden – so zumindest empfiehlt es die Leitlinie der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Auffällige Abweichungen der ermittelten Belastung vom Vergleichswert weisen auf Gestaltungserfordernisse hin. Die Mehrzahl der für die Ermittlung von Belastungen verfügbaren Arbeitsanalyseverfahren enthalten keine evidenzbasierten Grenzwerte für die Bewertung der Belastung (Rau, 2022).

Unsere zugrundeliegenden Vergleichsdaten stammen aus dem psyGA Projekt (2019) und umfassen 5.000 Mitarbeitenden deutschlandweit . Dazu wurde die Stichprobe mit Hilfe von Daten des statistischen Bundesamtes so gewichtet, dass sie der beschäftigten Bevölkerung hinsichtlich Tätigkeit (vorwiegend geistig oder vorwiegend körperlich), Geschlecht, Alter, Unternehmensgröße und Branche/Wirtschaftszweige entspricht. So sind für Deutschland repräsentative Mittelwerte entstanden. Wird die Belastung ähnlich oder anders wahrgenommen als in einer Gruppe gleichen Alters, Geschlechts und gleicher Tätigkeit? Und falls es einen Unterschied gibt, wie groß ist der Effekt? Mit intelligenten Algorithmen bestimmen wir die Effektstärke in jeder Abteilung eines Unternehmens, damit Sie genau erkennen, wo Handlungsbedarf besteht.

Der psyGA Monitor „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt „(2019) zeigt in versch. Regressionanalysen: die Unterschiede zwischen den Branchen sind gering, statistisch nicht signifikant. Um das Ziel der Förderung und Gestaltung menschengerechter Arbeit zu erreichen, braucht es demnach vielmehr branchen– und tätigkeitsübergreifend generalisierend auswertbare Schlüsselfaktoren psychischer  Belastung.

Wichtig sei an dieser Stelle gesagt, dass eine standardisierte Befragung nur „ein Fieber messen“ ist und daher vage Hinweise auf Ansatzpunkte für eine Veränderung der Belastungen geben. Um konkreten Ansatzpunkten für die Ableitung von Maßnahmen zu bekommen, empfehlen sich Maßnahmenworkshops mit den wahren Experten der Gesundheit: den Mitarbeitenden! Ihre Beschäftigten wissen am besten, was sie brauchen, um ihre Arbeit gut zu erledigen.