XY-Theorie – Wie Führung das Verhalten Ihrer Mitarbeitenden prägt. Und umgekehrt.

von Marcel Kovacs

„Mitarbeiter müssen nicht angetrieben werden. Wenn sie sich einem gemeinsamen Ziel verpflichtet fühlen, dann treiben sie sich selbst wirkungsvoller an als jeder Chef […]“

Douglas McGregor

Wie viel Kontrolle und Druck brauchen Mitarbeitende, wie viel Freiheit und Vertrauen sind sinnvoll? Je nachdem wie eine Führungskraft diese Frage für sich beantwortet, sieht ihr Führungsstil und das Arbeitsleben der Mitarbeitende sehr unterschiedlich aus. Die X-Y-Theorie von McGregor greift das auf. Sie unterscheidet prinzipielle Vorstellungen, die Führungskräfte über ihre Mitarbeiter haben können: Theorie X und Y.

Theorie X: Kontrolle und Misstrauen im Management

Die Theorie X ist ein prägender Teil unserer kulturellen und beruflichen Sozialisierung. Unser Denken über Arbeit und Strukturen in Unternehmen sind nach der Theorie X aufgebaut. Das heißt, die Theorie X ist ein tief verwurzelter und starker “Default”.

Theorie X geht von der Annahme aus, dass Menschen von Natur aus unmotiviert und arbeitsscheu sind. Manager, die dieser Theorie anhängen, glauben, dass ihre Mitarbeiter nur durch strenge Kontrollen und Sanktionen zu Leistung motiviert werden können. Diese Annahmen führen zu einem autoritären Führungsstil mit einem starken Fokus auf Überwachung und klare Anweisungen.

In einer Organisation, die nach Theorie X geführt wird, herrscht ein Klima des Misstrauens. Entscheidungen werden zentral getroffen, und es gibt wenig Spielraum für Eigeninitiative oder Kreativität. Die Motivation der Mitarbeiter basiert hauptsächlich auf extrinsischen Faktoren wie Gehalt und Job-Sicherheit.

Artefakte

  • Zielvorgaben
  •  “Pay for performance”
  • Jobtitel (Head of blabla)
  • BudgetsAssessment Center
  • Projekt- und Qualitätsmanager
  • Zeiterfassung
  • Bezahlte Überstunden
  • Lenkungsausschüsse
  • Project Management Office

Theorie Y: Vertrauen und Selbstverwirklichung im Management

Im Gegensatz dazu stellt Theorie Y eine positive Sicht auf die menschliche Natur dar. McGregor argumentiert, dass Menschen von Natur aus motiviert sind, sich selbst zu verwirklichen und Verantwortung zu übernehmen. Manager, die Theorie Y folgen, fördern ein Arbeitsumfeld, das Autonomie und Eigenverantwortung unterstützt.

Unter einem Führungssystem, das auf Theorie Y basiert, werden Mitarbeiter ermutigt, aktiv an Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Die Kommunikation ist offen und transparent, und das Management bemüht sich, ein unterstützendes Umfeld zu schaffen. Die Motivation der Mitarbeiter basiert hier eher auf intrinsischen Faktoren wie Anerkennung, Selbstverwirklichung und der Möglichkeit, einen Beitrag zu leisten.

Artefakte

  • Starke und inspirierende Leitbilder
  • OKR, Scrum, Kanban
  • Product Owner
  • Agile Coaches
  • Retrospektive ;Demos / Reviews
  • Customer Journeys
  • Co-Creation Workshops
  • Beraterprinzip
  • Agile Projektorganisation

Anwendung der X-Y-Theorie aus heutiger Sicht

Theorie X und Theorie Y sind aber keine Gegensätze – beide lassen sich wunderbar gleichzeitig anwenden. Ob der Führungsstil dabei eher autoritär oder eher kooperativ sein sollte, die Führungskraft also eher einem Menschenbild der Theorie X oder Y entsprechend handelt, hängt unter anderem von dem*der jeweiligen Mitarbeiter*in sowie von der Art der Tätigkeiten ab, die auszuführen sind:

Extrinsische Motivation (Anwendung der Theorie X) hat statistisch eine umso stärkere Bedeutung, je einfacher und strukturierter Tätigkeiten sind. Es empfiehlt sich auch fü unerfahrene Mitarbeiter*innen, da diese meist genauere Anweisungen sowie häufigere Kontrollen und Rückmeldungen benötigen.  Hier lässt sich auch am besten Leistung definieren, messen und incentivieren. Bei diesen Tätigkeiten wird man daher extrinsische Anreize einsetzen.

Intrinsische Motivation (Anwendung der Theorie Y) ist statistisch am bedeutsamsten bei anspruchsvollen, komplexen Aufgaben, bei denen Mitarbeiter viel Freiraum bzw. Eigenverantwortung haben. Die Steuerung von innen ist hier auch besonders wichtig, da man von außen nur schwer Leistung messen und belohnen kann.

Fazit

Beide Ansätze der Führung kann und sollte man kombinieren, um die volle Wirkung zu erreichen. Je nach Situation, gilt es dabei den Schwerpunkt auf den ein oder anderen Ansatz zu legen. So kann man Mitarbeiter gleichzeitig mit Komponenten der Theorie X führen (wie etwa klaren Zielen, Messung der Leistung und materiellen Anreizen) und mit Komponenten der Theorie Y (beispielsweise Freiraum bei der Arbeit, Ideologie und Sinnhaftigkeit bei der Tätigkeit).

Implikationen für die Praxis für Führungskräfte

Führung und Mitarbeiterverhalten in permanenter Wechselwirkung

Die Anwendung der Theorien X und Y können sehr gut als sich selbst erfüllende Prophezeiungen betrachtet werden. Wer seine Mitarbeiter nach der X-Theorie behandelt, hat X-Mitarbeiter. Wer sie (die gleichen) nach der Y-Theorie behandelt, hat Y-Mitarbeiter. Das ist auch der Grund, warum Mitarbeiter ihr Verhalten ändern, wenn sie einen anderen Chef bekommen.

Haben Sie X- oder Y-Mitarbeiter?

Ganz sicher ist diese Schwarz-Weiß-Kategorisierung nicht ganz korrekt, aber für eine Tendenz ausreichend. Zunächst sollten Führungskräfte das Profil ihrer Mitarbeiter analysieren, um festzustellen, ob diese eher nach Theorie X oder Theorie Y motiviert sind. Dies kann durch regelmäßige Mitarbeitergespräche und Feedbackrunden erfolgen. Ein flexibler Führungsstil, der Elemente beider Theorien integriert, ist oft am effektivsten.

Ein unterstützendes Arbeitsumfeld, das sowohl Struktur als auch Autonomie bietet, kann die Motivation und Produktivität der Mitarbeiter steigern. Führungskräfte sollten klare Ziele und Erwartungen kommunizieren, aber gleichzeitig Freiräume für Eigeninitiative und Kreativität lassen. Regelmäßiges Feedback und die Anerkennung von Leistungen sind ebenfalls entscheidend. Führungskräfte sollten sowohl positive als auch konstruktive Rückmeldungen geben und Erfolge feiern, um die Motivation aufrechtzuerhalten.

Investitionen in die Weiterbildung der Mitarbeiter fördern nicht nur deren Fähigkeiten, sondern zeigen auch Wertschätzung und Unterstützung. Dies trägt zur Steigerung der intrinsischen Motivation bei. Ein Arbeitsumfeld, das sowohl Struktur als auch Autonomie bietet, kann die Motivation und Produktivität der Mitarbeitenden steigern. Führungskräfte sollten klare Ziele und Erwartungen kommunizieren, aber gleichzeitig Freiräume für Eigeninitiative und Kreativität lassen.

5 Maßnahmen zur praktischen Umsetzung der XY-Theorie

  1. Mitarbeiterprofil-Analyse: Regelmäßige Gespräche und Feedbackrunden zur Bestimmung der individuellen Motivationsfaktoren.
  2. Flexibler Führungsstil: Kombination von Theorie X und Theorie Y je nach Aufgabenanforderung und Mitarbeiterprofil.
  3. Struktur und Autonomie: Schaffung eines Arbeitsumfelds, das klare Ziele und Erwartungen mit Freiräumen für Eigeninitiative verbindet.
  4. Regelmäßiges Feedback: Kontinuierliche Rückmeldung und Anerkennung von Leistungen, um die Motivation zu steigern.
  5. Weiterbildung und Entwicklung: Investitionen in die berufliche Weiterbildung der Mitarbeiter zur Förderung ihrer Fähigkeiten und Motivation.

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Zum Nachlesen:

Galani, A. and Galanakis, M. (2022) Organizational Psychology on the Rise—McGregor’s X and Y Theory: A Systematic Literature Review. Psychology13, 782-789. doi: 10.4236/psych.2022.135051.

Lawter, L., Kopelman, R. E., & Prottas, D. J. (2015). McGregor’s Theory X/Y and Job Performance: A Multilevel, Multi-source Analysis. Journal of Managerial Issues27(1/4), 84–101. http://www.jstor.org/stable/44113685

Ouchi. (1981). Organizational Paradigms: A Commentary on Japanese Management and Theory Z Organizations. Organizational Dynamics